Der Quartiersratssprecher stellt sich vor

Seit dem Jahr 2021 haben wir unseren ersten Quartiersrat. Der Quartiersrat besteht mehrheitlich aus Bewohner*innen und  Vertreter*innen der Einrichtungen im Quartier wie Schulen, Kitas, Vereinen, Religionsgemeinschaften und Gewerbetreibenden. Der Quartiersrat wird von den Bewohner*innen des Quartiersgewählt. Die Mitglieder des Quartiersrates entwickeln gemeinsam mit dem QM-Team und den Fachämtern des Bezirksamts Ideen und Strategien für den Kiez und entscheiden über Projekte mit. Der Rat setzt sich in der Wahlperiode 2020-2023 aus 8 Einrichtungen und 9 Bewohnerinnen und Bewohnern zusammen. Vertreten wird der Quartiersrat durch den Quartiersratssprecher.

Als Offizier der Bundeswehr und Teil des Aufsichtsrats des TSV Berlin-Wittenau 1896 e.V. sowie der Kampfsportschule Bodo-Club Berlin e.V. ist es Quartiersratssprecher Lars Geffke gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. Vor kurzem habe ich mich mit ihm zum digitalen Interview verabredet, um mit ihm über Zukunftspläne, Herausforderungen im Quartier, seine Aufgaben als Quartiersratssprecher und vieles mehr zu sprechen.

Quartiersratssprecher Lars Geffke
Foto: Lars Geffke

Selim Tóth (ST): Hallo Lars, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Lass uns als erstes über dich sprechen – wie lange lebst du schon im Quartier und warum bist du hierher gezogen?

Lars Geffke (LG): Das ist relativ einfach. Ich lebe seit fast 13 Jahren im Quartier und bin damals hergezogen, weil mein Sohn hier einen Schulplatz bekommen hat und wir in der Kleingartenkolonie Steintal e.V. einen Garten hatten. Dementsprechend haben wir etwas in der Nähe gesucht und auch gefunden. Da wir vorher am Hermsdorfer Damm gewohnt haben, kannte ich die Gegend auch schon.

ST: Verglichen mit dem Hermsdorfer Damm, was macht das Quartier besonders für dich?

LG: Für mich ist das Quartier noch ruhiger und grüner, auch wenn es von außen oft anders dargestellt wird. Diese Unsicherheit oder Gewalt und Kriminalität, von der oft gesprochen wird, sehe ich hier überhaupt nicht und habe ich auch noch nicht erlebt. Das Quartier ist eine ruhige Wohngegend, in der alles fußläufig erreichbar ist. Also, alles was du für den Alltag brauchst, ist in der Nähe. Zu Fuß und auch mit dem Fahrrad.

ST: Da du das gerade schon angesprochen hast, in welchen Bereichen siehst du noch Verbesserungspotential?

LG: In erster Linie ist es für mich das äußere Erscheinungsbild. Das heißt, die Wohnungsbaugesellschaft ist dringend gefordert, die Häuser von außen attraktiver darzustellen. Wie es von innen aussieht ist erstmal zweitrangig, mir geht es hier um die Gestaltung der Fassaden. Für Menschen, die sich für Wohnungen und das Quartier interessieren, zählt der erste optische Eindruck und der sorgt bei manchen Häusern dafür, dass du eher rückwärts als vorwärts läufst. Außerdem haben wir, bis auf den Spielplatz neben dem Streethouse, keine richtigen Spielplätze. Das, was wir aktuell haben, zieht keine Kinder und Jugendlichen mehr an. Eine Idee wäre doch ein Platz mit Outdoor-Fitnessgeräten oder andere attraktive Dinge. Eine kostenfreie Freizeitgestaltung im Quartier ist sehr wichtig.

ST: Das sind wichtige Punkte. Wie könnt ihr als Quartiersrat hier eine Veränderung anstoßen und wie bist du eigentlich selbst zum Quartiersrat gekommen?

LG: Ich bin schon Teil des Aufsichtsrats des TSV Wittenau und auch im Vorstand der Kampfsportschule BCB. Dementsprechend übernehme ich schon länger Verantwortung, gerade für Kinder und Jugendliche. In dieser Position sehe ich, dass gerade für diese Gruppe eine adäquate Unterstützung fehlt. Im Sport, aber auch beispielsweise in der schulischen Unterstützung durch Nachhilfe. Und da gibt es nicht nur ein personelles, sondern auch ein finanzielles Problem. Ich denke, dass noch mehr Kinder und Jugendliche Sport machen würden, wenn die Eltern Hilfe bei der Antragstellung zur Beihilfe bekommen würden, denn Vereinssport kostet Geld. Aber da diese Hilfe nicht da ist, können viele Kinder und Jugendliche keinen Sport machen. So fehlen hier die sozialen Ansprechpartner. Das stört mich schon länger und irgendwann wurde ich auf den Mieterbeirat aufmerksam, konnte dort aber leider nicht teilnehmen. So war für mich der nächste logische Schritt der Quartiersrat. Durch meine anderen Verantwortungsbereiche schaue ich auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf das Quartier. Als Mieter im Quartier und als Funktionsträger von Sportvereinen, der sieht, dass hier Begegnungsstätten und Räume fehlen. Und aus diesen zwei Positionen ist es eher möglich auch mit mehreren Leuten eine Veränderung anzustoßen.

ST: War es euch im Quartiersrat denn bisher schon möglich eine Veränderung anzustoßen?

LG: Ich denke schon. Da wir viel miteinander über die Situation im Quartier reden und wir wissen, dass wir mehr Präsenz im Quartier zeigen möchten, sind wir auf dem richtigen Weg. Noch haben wir nicht die volle Stärke und Wirkung entfalten können, gehen aber in die richtige Richtung. Wir konnten schon mit dem Bezirksbürgermeister und einer Vertreterin der Wohnungsbaugesellschaft sprechen. Der Bezirk hat auf jeden Fall verstanden, was die Probleme sind und dass diese gelöst werden müssen. Die Schwierigkeit sehe ich aktuell eher noch bei der Kommunikation mit der Wohnungsbaugesellschaft. Uns allen muss aber auch klar sein, dass jede Veränderung lange dauert und Geduld braucht. Erste Veränderungen haben wir aber schon erzielen können, wie z.B. den neuen Zebrastreifen in der Titiseestraße.

ST: Also die ersten Schritte sind getan. Und wie kam es, dass du dich als Quartiersratssprecher aufstellen lassen hast?

Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, dass niemand diese Rolle so wirklich übernehmen wollte. Aus dem Sport und auch aus dem beruflichen Bereich habe ich aber gelernt, dass man manchmal Verantwortung übernehmen muss, vor allem, wenn man eine Veränderung will. Deshalb habe ich mich zur Wahl gestellt. Und wenn andere Menschen auch der Meinung sind, dass ich uns als Quartiersrat verbal adäquat vertreten kann, dann tue ich das sehr gerne. Aber falls mal jemand kommt und sagt:“Du Lars, ich habe da mehr Zeit für und würde diese Aufgabe gerne übernehmen“, dann habe ich auch kein Problem damit, in die zweite Reihe zu treten und von dort aus diese Person und den Quartiersrat zu unterstützen.

ST: Kommen wir zu meiner letzten Frage: Was wünschst du dir für die Zukunft im Quartier und für den Quartiersrat?

LG: Für das Quartier wünsche ich mir mehr Unterstützung für die Bewohnerinnen und Bewohner. Mir geht es da nicht unbedingt um riesige Gelder für Straßen usw. sondern um eine Steigerung der Lebensqualität, sodass die Menschen gerne hier wohnen. Außerdem Beratungs- und Ansprechstellen bei Problemen, sodass hier eine Gemeinschaft zusammenwächst. Das sagt ja der Begriff „Kiez“ an sich schon. Eine wirkliche Gemeinschaft und Zusammenhalt. Ein erster Schritt dafür wäre, und das kostet nicht viel Geld, Alt und Jung im Quartier zusammenzubringen. Beide stehen noch auf unterschiedlichen Seiten. Beide sehen nur ihre eigene Perspektive. Und beide zusammenzubringen, sodass sie eine Sichtweise teilen, wäre schon ein erster Schritt. Das schafft man durch Dialoge und Austausch der verschiedenen Blickwinkel. Da würde schon eine Gesprächsrunde helfen. Oder auch Begegnungsräume, in denen ältere Menschen den Kindern vorlesen oder sie bei den Hausaufgaben unterstützen. So hätten die Älteren eine Aufgabe und die Jüngeren bekämen Hilfe. So entstehen andere Umgangsformen, die die Gemeinschaft weiterentwickeln. Das umzusetzen ist nicht teuer. Und für den Quartiersrat wünsche ich mir, dass wir als Mitglieder Geduld haben und ein Kern an Mitgliedern erhalten bleibt.

ST: Vielen Dank für das Gespräch.