Seit dem Jahr 2021 haben wir unseren ersten Quartiersrat. Der Quartiersrat besteht mehrheitlich aus Bewohner*innen und Vertreter*innen der Einrichtungen im Quartier wie Schulen, Kitas, Vereinen, Religionsgemeinschaften und Gewerbetreibenden. Der Quartiersrat wird von den Bewohner*innen des Quartiersgewählt. Die Mitglieder des Quartiersrates entwickeln gemeinsam mit dem QM-Team und den Fachämtern des Bezirksamts Ideen und Strategien für den Kiez und entscheiden über Projekte mit. Der Rat setzt sich in der Wahlperiode 2020-2023 aus 8 Einrichtungen und 9 Bewohnerinnen und Bewohnern zusammen.Vertreten wird der Quartiersrat durch den Quartiersratssprecher.
Vor kurzem habe ich mich mit dem neuen Quartiersratssprecher Nico Wanke zum digitalen Interview verabredet, um mit ihm über Zukunftspläne, Herausforderungen im Quartier, seine Aufgaben als Quartiersratssprecher und vieles mehr zu sprechen.
Selim Tóth (ST): Hallo Nico, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Lass uns als erstes über dich sprechen – wie lange lebst du schon im Quartier und warum bist du hierher gezogen?
Nico Wanke (NW): Meine Frau und ich leben jetzt seit 14 Jahren hier. Wir sind damals aus Alt-Wittenau ins Quartier gezogen, weil wir eine Wohnung mit Potenzial auf Familienzuwachs in der Nähe unserer Familie und Freunde gesucht haben. Da hat auch der bezahlbare Wohnraum hier eine Rolle gespielt.
ST: Verglichen mit Alt-Wittenau, was macht das Quartier besonders für dich?
NW: Besonders ist für mich die kulturelle Vielfalt und die große Anzahl an Kindern. Das finde ich wirklich schön zu sehen, wie viele Kinder im Quartier leben und wie gut das Zusammenleben zwischen verschiedenen Kulturen funktioniert, trotz den Herausforderungen, die wir im Kiez haben.
ST: Da du das gerade schon die Herausforderungen angesprochen hast, in welchen Bereichen siehst du noch Verbesserungspotential?
NW:Auf jeden Fall bei den Sportanlagen, die sind alle kaputt. Da versuchen wir auch schon in der Politik Druck zu machen, damit da endlich etwas passiert. Auch das Jugendhaus Streethouse müsste aus meiner Sicht saniert werden und benötigt mehr Personal. Es gibt hier so viele Kinder, die die Angebote dort gerne in Anspruch nehmen würden, aber es gibt leider nicht genug Kapazität, um alle abzuholen. Bei diesen Themen sollten wir so schnell wie möglich anpacken.
ST: Das sind wichtige Punkte. Wie könnt ihr als Quartiersrat da etwas bewegen?
NW: Wir erarbeiten gemeinsam mit dem Quartiersmanagement Titiseestraße Projektideen dazu, wie wir die Probleme in unserem Kiez angehen können. Zum Beispiel in Brainstormings, gemeinsamen Basteln von Lösungen, aber auch dem Entwickeln von Visionen für die Zukunft. Sobald die Ideen stehen, suchen wir gemeinsam mit dem Quartiersmanagement Träger, die mit ihrem Know-How helfen können, die Probleme im Kiez zu lösen. So können wir etwa neue Bauprojekte angehen oder auch die richtigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in der Politik finden, um die Herausforderungen im Quartier in enger Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement und dem jeweiligen Träger zu meistern. Anfang des Jahres haben wir uns als Quartiersrat auf die Schwerpunktthemen Abfall, gestalten und veröffentlichen der Kiezzeitung sowie ökologische Projekte, wie eine Blühwiese oder die Sanierung der Sportanlagen, geeinigt. Allerdings können wir uns nur auf die Themen konzentrieren, die wir auch wirklich anpacken können. So etwas wie Schimmel in den Wohnungen können wir leider nicht lösen, auch wenn es ein sehr wichtiges Thema ist.
ST: Wie bist du selbst zum Quartiersrat gekommen?
NW: Sehr zufällig. Vor anderthalb Jahren hat mich „der Hafer gestochen“ und ich habe gemerkt, ich will wirklich etwas verändern, anpacken und mich einsetzen, damit das Leben hier besser wird. Daraufhin bin ich in eine Partei eingetreten, um Erfahrungen in der politischen Arbeit auf kommunaler Ebene zu sammeln. Das fand ich spannend. Kurz danach war ich im Kiez unterwegs und bin zufällig am Büro des Quartiersmanagements vorbeigelaufen. Da habe ich das erste mal gesehen, dass es das Quartiersmanagement überhaupt gibt. Zu diesem Zeitpunkt stand auch die Wahl für den neuen Quartiersrat vor der Tür. Nach Gesprächen mit dem Team des Quartiersmanagements habe ich mich zur Wahl aufstellen lassen. Also, es hat einfach gepasst, denn ich wollte ja sowieso aktiver werden. Ich war aber doch überrascht, dass es mit der Wahl auf Anhieb geklappt hat (lacht).
ST: Also hat beides perfekt zusammengepasst. Kommen wir zu meiner letzten Frage: Was wünschst du dir für die Zukunft im Quartier und für den Quartiersrat?
NW:Für den Quartiersrat wünsche ich mir nur, dass wir so weitermachen wie bisher. Ich finde es toll, dass wir bislang so engagiert zusammengekommen sind, viele Leute bei den Treffen waren und wir immer rege Diskussionen hatten. Ich hoffe einfach, dass die Leute dabei bleiben und wir auch wirklich Stück für Stück etwas bewegen können. Damit wir auch sehen, dass unsere Arbeit etwas positives bewirkt.
Für den Kiez wünsche ich mir, dass die Zusammenarbeit zwischen Wohnungsbaugesellschaft, Politik und Bewohnerinnen und Bewohnern besser wird. Dass vor allem auch wieder mehr Aufmerksamkeit der Politik in den Kiez kommt, gerade was die Wohnsituation betrifft. Wir haben hier viel Potenzial, aber die Wohnungen und Sportanlagen verfallen. So wird unsere Gegend immer mehr zum Brennpunkt, wenn sich da nichts dran ändert. Da sehe ich auch unsere Aufgabe als Mieterinnen und Mieter, bei der Politik immer wieder Druck zu machen. Andererseits wünsche ich mir auch, dass die Verantwortlichen in der Politik zeigen, dass sie etwas verändern wollen und uns ernst nehmen.
ST: Nico, vielen Dank für das Gespräch und danke für das Engagement des Quartiersrats.